Prof. Hoppichler

Auswirkungen von Salz auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Sg. Herr Prof. Hoppichler, kürzlich wurde eine vielbeachtete Studie zu den Auswirkungen eines Salzersatzpräparats auf Herz-Kreislauferkrankungen veröffentlicht. Welche Rolle spielt Kochsalz für die Herz-Kreislaufgesundheit?

Bei Speisesalz, Kochsalz oder Tafelsalz handelt es sich chemisch gesehen um Natriumchlorid, also eine Verbindung aus Natrium und Chlorid. Der Mineralstoff Natrium kommt in allen Zellen und Körperflüssigkeiten vor. Natrium und Chlorid sind lebensnotwendig und spielen zusammen mit Kalium eine wichtige Rolle im Elektrolyt- und Wasserhaushalt des Körpers.

Die WHO empfiehlt zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Reduktion der Salzzufuhr auf weniger als 5 Gramm pro Tag. Der durchschnittliche tägliche Konsum in Europa liegt jedoch mit 8 bis 19 Gramm derzeit weit über diesem Wert. Obwohl negative Auswirkungen einer erhöhten Aufnahme von Natrium, wie etwa die Entstehung von Bluthochdruck, allgemein bekannt und wissenschaftlich belegt sind, wird der Nutzen einer Salzreduktion zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen immer wieder angezweifelt.

Was untersuchte die neue Salzsubstitutionsstudie?

Die in der renommierten Zeitschrift New England Journal of Medicine veröffentlichte Salt Substitute and Stroke Study liefert neue Ergebnisse hinsichtlich der Prävention von Schlaganfällen, schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen und vorzeitigen Todesfällen durch eine Salzsubstitution. Die reduzierte Salzaufnahme wurde durch die Verwendung eines speziellen natriumreduzierten und mit Kalium angereicherten Salzes erreicht und mit normalem Kochsalz verglichen. Für die Studie wurden Erwachsene, die bereits einen Schlaganfall erlitten hatten oder Erwachsene mit Bluthochdruck, die 60 Jahre oder älter waren, ausgewählt. Nach dem Zufallsprinzip wurden je 300 Dörfer in China mit 35 Teilnehmer:innen pro Dorf entweder der Interventionsgruppe (natriumreduziertes Spezialsalz mit 75 % Natriumchlorid und 25 % Kaliumchlorid), oder der Kontrollgruppe (herkömmliches Kochsalz, 100 % Natriumchlorid) zugeordnet. Insgesamt wurden 20.995 Teilnehmer:innen über einen Zeitraum von knapp 5 Jahren beobachtet.

Eine geringe Reduktion der Kochsalzzufuhr schlägt sich in einer verringerten Rate von Herzkreislauferkrankungen nieder.

Und was waren die Ergebnisse in Bezug auf Herzkreislauferkrankungen?

Es konnte gezeigt werden, dass es nach 5 Jahren in der Interventionsgruppe mit dem Einsatz des kaliumhaltigen Salzersatzes zu einer signifikant niedrigeren Rate von Schlaganfällen, schweren kardiovaskulären Ereignissen und Todesfällen jeglicher Ursache gekommen war. So war in der Interventionsgruppe das Schlaganfallrisiko um 14 %, das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse um 13 % und das Sterberisiko um 12 % geringer als in der Kontrollgruppe.

Die Daten der Salt Substitute and Stroke Study belegen die Wirksamkeit einer Salzsubstitution in der kardiovaskulären Prävention. Dies trifft vor allem auf Personen zu, die bereits an Bluthochdruck leiden, denn Personen mit Bluthochdruck reagieren auf eine hohe Kochsalzzufuhr oftmals mit einer weiteren Erhöhung des Blutdrucks.

Wie könnten die Studienergebnisse in die Praxis umgesetzt werden?

Obwohl in vielen Reformhäusern natriumreduziertes Spezialsalz häufig als „Blutdrucksalz“ verkauft wird, ist der Markt dafür gering. Der Salzersatz hat ja den Nachteil, dass er nur einen milderen Salzgeschmack hervorruft, was seine Anwendung bei vielen Menschen limitieren dürfte.  Wenn wir von salzreduzierter Ernährung sprechen, so sollten wir das Augenmerk daher vor allem auf stark verarbeitete Lebensmittel (processed food) richten. Denn neben dem Salz, das während der Zubereitung von Mahlzeiten oder am Tisch vor dem Genuss der Speise zugefügt wird, enthalten viele – vor allem hoch verarbeitete Lebensmittel – eine bedeutsame Menge an verstecktem Salz. Man geht davon aus, dass 75 bis 90 Prozent der täglichen Salzzufuhr aus verarbeiteten Lebensmitteln und dem außer-Haus Verzehr von Speisen stammt. Besonders viel Salz enthalten zum Beispiel Chips und Salzgebäck, verarbeite Fisch- und Fleischprodukte und viele Käsesorten. Auch Brot, Weckerl, Fertiggerichte, Fertigsoßen und Instantsuppen sind sehr salzreich.

Welche Schlüsse sollen wir ziehen?

Die Studie hat uns sehr drastisch vor Augen geführt, dass sich bereits eine relativ geringe Reduktion der Kochsalzzufuhr sehr rasch in einer verringerten Rate von Herzkreislauferkrankungen niederschlägt. Besonders Menschen mit Bluthochdruck sollten sich dessen bewusst sein und den Salzgehalt in ihrem Ernährungsverhalten berücksichtigen.

Univ.-Prof. Prim. Dir. Dr. Friedrich Hoppichler

Facharzt für Innere Medizin, Additivfacharzt für Endokrinologie, Stoffwechsel & Diabetes

Additivfacharzt für Kardiologie

Vorstand der Abteilung Innere Medizin, Ärztlicher Leiter Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Salzburg und Vorstand von SIPCAN – Initiative für ein gesundes Leben (www.sipcan.at)

Dr. Hoppichler

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