Herzprobleme

Autofahren bei Herzrhythmusstörungen

Die Fahrtauglichkeit bei Herzrhythmusstörungen sowie bei Schrittmacher- oder Defibrillator-Träger:innen stellt eine komplexe Thematik dar, bei der eine individuelle Beratung anhand bestehender Leitlinien und der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung erforderlich ist. Die zu treffenden Entscheidungen können den Alltag des Einzelnen relevant verändern (Stichwort: Mobilität, Beruf), ergeben sich aber letztlich aus einer Risikokalkulation, um sowohl im besten Interesse der Patient:innen, aber auch der anderen Verkehrsteilnehmer:innen zu handeln.

Herzrhythmusstörungen betreffen etwa 15% in der Bevölkerung und treten mit dem Älterwerden zunehmend häufiger auf. Anfällig sind neben älteren Personen insbesondere Patient:innen mit zugrundeliegender Herzerkrankung (z.B. Herzschwäche, Herzinfarkt). Generell werden langsame („Bradykardien“) von zu schnellen Herzrhythmusstörungen („Tachykardien“) unterschieden. Das Spektrum reicht von einfachen Extraschlägen über Vorhofsrhythmusstörungen (wie etwa dem Vorhofflimmern) bis hin zu Kammerrhythmusstörungen und dem plötzlichen Herztod durch Kammerflimmern.

Es gelten meist unterschiedliche Empfehlungen für Privatfahrer und Berufsfahrer

Dementsprechend vielgestaltig sind die Empfehlungen hinsichtlich der Eignung zum Lenken eines KFZ. Diesbezüglich muss zwischen Empfehlungen von Fachgesellschaften (z.B. der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) oder der Europäische Kardiologische Gesellschaft (ESC) und dem Gesetzgeber (Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV) unterschieden werden. Des Weiteren gelten meist unterschiedliche Empfehlungen für Privatfahrer:innen und Berufsfahrer:innen, da Zweitere wesentlich mehr Zeit im Fahrzeug verbringen und daher das Risiko eines Herzrhythmus-Ereignisses während der Fahrt wesentlich höher ist. Das österreichische Gesetz unterscheidet dementsprechend hier 2 Gruppen:

  • Gruppe 1 (Privatfahrer): Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A(A1, A2), B, BE und F.
  • Gruppe 2 (z.B. Berufsfahrer): Kraftfahrzeuge der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E), bzw. Kraftfahrzeuge über 3500 kg, Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als 8 Sitzplätzen und Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung wie Taxis, Mietwagen und Krankenwagen.
Herzrhythmusstörungen

Im Folgenden wird auf die Empfehlungen zu spezifischen Herzrhythmusstörungen eingegangen.

Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) sehen für Privatfahrer:innen mit schnellen Herzrhythmusstörungen (Tachykardien) meist keine Einschränkungen hinsichtlich der Fahrtauglichkeit vor, solange die Rhythmusstörungen noch nie zu einem Bewusstseinsverlust geführt haben. Nach einem Bewusstseinsverlust besteht jedoch Fahruntauglichkeit, und zwar so lange, bis die Rhythmusstörung erfolgreich behandelt wurde. Im Einzelfall kann die Zuordnung eines Bewusstseinsverlustes zu einer Rhythmusstörung aber durchaus schwierig sein. Privatfahrer:innen mit langsamen Rhythmusstörungen (Bradykardien) sind dann fahrtauglich, wenn keine Notwendigkeit für einen Herzschrittmacher besteht. Andernfalls muss bis zur Implantation eines Herzschrittmachers auf das Lenken eines Kraftfahrzeugs verzichtet werden.

Für Berufsfahrer:innen liegen wesentlich strengere und detailliertere Empfehlungen vor, sowohl was schnelle als auch was langsame Herzrhythmusstörungen betrifft, sodass immer ein spezialisierter Kardiologe/Kardiologin zu Rate gezogen werden muss. Hier besteht zum Erhalt der Fahrtauglichkeit die Notwendigkeit, die Rhythmusstörung zuerst erfolgreich und nachhaltig zu behandeln (zB. Durch eine Katheter-Ablation oder einen Herzschrittmacher); in Einzelfällen muss jedoch auch langfristig die Fahreignung wegen Selbst- und Fremdgefährdung entzogen werden.

Hinsichtlich der Fahreignung bei Herzschrittmacher-Patient:innen bestehen für Privatpersonen meist keine Einschränkungen; Berufsfahrer:innen müssen im Anschluss an die Schrittmacher-Implantation zumindest eine Einheilungsphase von 1-4 Wochen (je nach klinischer Einschätzung durch den Arzt/Ärztin) abwarten.

Nach Implantation eines Defibrillators (ICD) beträgt das Fahrverbot bei Privatfahrer:innen 1 Woche im Anschluss an einen Aggregats-Wechsel, 4 Wochen, wenn ein Sonden-Wechsel durchgeführt oder der Defibrillator vorbeugend implantiert wurde und 3 Monate nach überlebter Herzrhythmusstörung. Sollte nach einem lebensbedrohlichem Herzrhythmus-Ereignis eine Implantation eines Defibrillators nicht möglich sein (zB. Ablehnung durch Patient:innen), ist eine Fahreignung erst nach einer ausreichend langen Beobachtungsphase von 6 Monaten gegeben. Berufsfahrer:innen können in der Regel mit implantiertem Defibrillator überhaupt keine Fahrtauglichkeit mehr erlangen.

Durch moderne Therapiekonzepte (Ablation, Herzschrittmacher, Defibrillator) kann für viele Betroffene mit Herzrhythmusstörungen eine Fahrtauglichkeit erhalten bleiben oder wiederhergestellt werden.

Lassen Sie sich, insbesondere bei komplexer Befundlage, von einem spezialisierten Kardiologen, einer spezialisierten Kardiologin beraten!

Dr. med. univ. Michael Derndorfer

Stationsführender Oberarzt und Leiter der Rhythmusambulanz an der Abteilung Interne II / Kardiologie am Ordensklinikum Linz Elisabethinen, Fadingerstraße 1, A-4020 Linz

Interessensschwerpunkt: Diagnostik und Behandlung von Herzrhythmusstörungen mittels Elektrophysiologie und Herzschrittmacherimplantation

Zahlreiche Vorträge und Publikationen zum Thema Herzrhythmusstörungen und Herzschrittmachertherapie

Nucleus Mitglied der ARGE Rhythmologie der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft

Wahlarzt mit Spezialisierung auf Allgemeine Kardiologie, Herzrhythmusstörungen und Tauglichkeitsuntersuchungen für den Feuerwehrdienst in Linz

Dr. Derndorfer

Prim. Priv.-Doz. Dr. Martin Martinek, MBA

ist seit 1.1.2022 Leiter der 2. Internen Abteilung mit Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Ordensklinikum Linz Elisabethinen. Zuvor war er als Oberarzt an dieser Abteilung sowie am Uniklinikum St. Pölten, Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch und Göttlicher Heiland Krankenhaus Wien tätig. Nach dem Medizinstudium in Innsbruck hat er seine Ausbildung in Linz absolviert und war für Spezialausbildungen und Forschungsaufenthalte in Boston, Mailand und Maastricht. Das Spezialgebiet von Prim. Martinek ist die Rhythmologie, wo er die Europäische Akkreditierung für invasive Elektrophysiologie sowie für Schrittmacher- und ICD-Therapie der EHRA (European Heart Rhythm Association) und das Diploma of Advanced Studies in Cardiac Arrhythmia Management (DAS CAM) absolviert hat.

Dr. Martinek

Das könnte Sie auch interessieren

Die Behandlung mit Statinen zählt zu den wirkungsvollsten Maßnahmen zur Verhinderung von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Zahlreiche Studien belegen, dass eine Senkung des schädlichen LDL-Cholesterins speziell bei Patienten mit bereits aufgetretener Gefäßverkalkung sinnvoll ist.

Hauptkategorie