Sondenlose Herzschrittmacher: Was sind die Vorteile ?
Herzschrittmacher konnten in den letzten Jahrzehnten das Leben unzähliger Menschen verbessern und teilweise auch verlängern. Es werden heutzutage weltweit jährlich mehr als eine Million dieser Geräte implantiert. Sondenlose Herzschrittmacher stellen jetzt eine neue revolutionäre Behandlungsmöglichkeit dar.
Bemerkenswerterweise blieb das technologische Grundkonzept der Herzschrittmachertherapie mit einem unter dem Schlüsselbein implantierten Generator mit Batterie und transvenös zum Herzen führenden Sonden seit Jahrzehnten unverändert. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Schrittmacher-Loge und die transvenösen Sonden als „Achillesferse“ der Therapie gelten. Dislokationen und Sondenbrüche, vor allem aber Infektionen sind schwere Komplikationen, die zu aufwendigen Systemrevisionen führen. Sondenlose Schrittmacher können helfen, die genannten Komplikationen zu reduzieren oder zu vermeiden.
Bei Patient:innen mit herkömmlichen Schrittmacher-Systemen tritt während ihres Lebens in 7-12% eine Schrittmacher-Komplikation (Hämatom, Dislokation, Bruch, Infektion) auf, was in etwa jedem zweiten Fall einen weiteren chirurgischen Eingriff notwendig macht. Die gefürchtetste, weil weitreichendste Komplikation ist die Systeminfektion, die meist eine komplette Entfernung des Schrittmachers und aller Sonden erforderlich macht. Trotz moderner Extraktionstechniken in Hybrid-OPs und keimspezifischer antibiotischer Therapie beträgt die Sterblichkeit bei einer Schrittmacher-Infektion innerhalb des ersten Jahres etwa 20%.
Sondenlose Schrittmacher
Sondenlose Schrittmacher wurden erst in den letzten Jahren in die klinische Praxis eingeführt. Sie wurden unter anderem dazu entwickelt, um Sonden-assoziierte Komplikationen zu verhindern. Der derzeit einzige kommerziell erhältliche sondenlose Schrittmacher ist der MicraTM (Medtronic Inc.). Es handelt sich hierbei um einen Magnetresonanztomographie (MRT)-kompatiblen Schrittmacher in Form einer 0.8cm2 großen und 2g schweren Kapsel, welche über eine Punktion der Leistenvene mittels eines speziellen Katheters in den rechten Ventrikel eingebracht wird.
Während der letzten 8 Jahre wurden weltweit etwa 100.000 dieser Geräte implantiert. Dabei zeigte sich, dass der MicraTM im Vergleich zu herkömmlichen Herzschrittmachern eine deutlich niedrigere Rate an Komplikationen inklusive Infektionen aufweist, was sich auch in einer reduzierten Hospitalisierungsrate niederschlägt.
Aufgrund dieser Voraussetzungen bietet sich der sondenlose Schrittmacher bei symptomatischem bradykarden Vorhofflimmern oder bei erhöhtem Infektionsrisiko (Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, chronische Hämodialyse, Immunsuppression), oder bei Zustand nach Extraktion eines konventionellen Systems wegen einer Infektion an.
Nach der Implantation bzw. bei der Nachsorge ist ein sondenloser Schrittmacherwie ein herkömmliches Schrittmachersystem zu behandeln. Auch bei der Programmierbarkeit und der MRT-Tauglichkeit bestehen keine Unterschiede. Bei Verstorbenen ist ein MicraTM aufgrund seines Implantationsortes nur im Rahmen einer Obduktion entfernbar. Aufgrund der nachgewiesenen Sicherheit und der weitgehenden ökologischen Unbedenklichkeit können Verstorbene mit einem MicraTM jedoch bedenkenlos begraben oder einer Feuerbestattung zugeführt werden.
Andere Anbieter (Abbott, Boston Scientific) werden in absehbarer Zeit ebenfalls sondenlose Schrittmacher auf den Markt bringen, die entweder aus zwei Kapseln (DDD-System) bestehen oder mit anderen implantierbaren Geräten (wie subkutanen Defibrillatoren) kombinierbar sind.
Indikationen für den sondenlosen Schrittmacher
- Symptomatisches bradykardes Vorhofflimmern
- Sinusrhythmus mit intermittierendem AV-Block und erhöhtes Infektionsrisiko
- Zurückliegende Infektion bei Schrittmachersonden